Agrophotovoltaik und Tierhaltung: Chancen und Herausforderungen der Doppelnutzung von Flächen

Agrophotovoltaik und Tierhaltung: Chancen und Herausforderungen der Doppelnutzung von Flächen

Agrophotovoltaik trifft Tierhaltung: Ein innovativer Ansatz für nachhaltige Landwirtschaft

Die effiziente Nutzung landwirtschaftlicher Flächen steht im Zentrum aktueller Diskussionen um Klimaschutz und Ernährungssicherheit. In diesem Kontext gewinnt die Agrophotovoltaik (APV) zunehmend an Bedeutung. Sie ermöglicht die gleichzeitige Nutzung derselben Fläche sowohl für die Stromerzeugung durch Photovoltaikanlagen als auch für die landwirtschaftliche Produktion – inklusive Tierhaltung. Diese sogenannte Doppelnutzung von Flächen birgt großes Potenzial für die nachhaltige Energie- und Lebensmittelproduktion, bringt aber auch Herausforderungen mit sich.

Was ist Agrophotovoltaik (APV)?

Agrophotovoltaik bezeichnet die Kombination von Photovoltaikmodulen mit landwirtschaftlicher Nutzung auf derselben Fläche. In der Regel werden die Solarmodule in erhöhter Bauweise installiert, sodass darunter Pflanzen angebaut oder Tiere gehalten werden können. In den letzten Jahren wurde dieses Konzept stetig weiterentwickelt und in Pilotprojekten umgesetzt, die belegen, dass APV in landwirtschaftlichen Betrieben wirtschaftlich tragfähig ist und gleichzeitig zur Energiewende beiträgt.

Die Einbindung von Tierhaltung unter Agrophotovoltaik-Anlagen ist ein relativ neues, aber vielversprechendes Anwendungsszenario. Hühner, Schafe oder Ziegen können sich unter den Modulen frei bewegen und profitieren vom Schatten und dem Schutz, den diese bieten. Im Gegenzug sorgen die Tiere für eine natürliche Pflege der Grasflächen und reduzieren so den Aufwand für die Landschaftspflege.

Vorteile der Kombination aus PV und Tierhaltung

Die Integration von Solarstromerzeugung und Tierhaltung auf einer Fläche bietet klare ökologische und wirtschaftliche Vorteile. Zum einen wird die vorhandene Fläche optimal genutzt, was in Zeiten zunehmender Flächenkonkurrenz ein entscheidender Vorteil ist. Zum anderen eröffnen sich Landwirten neue Einkommensquellen durch die Stromproduktion, ohne auf landwirtschaftliche Nutzung verzichten zu müssen.

Für Tiere wie Schafe ergibt sich ein weiterer Vorteil: Die Agrophotovoltaik-Anlagen wirken wie ein natürlicher Unterstand, der Schutz vor Sonne, Regen und Wind bietet. Gerade angesichts zunehmender Hitzewellen infolge des Klimawandels stellt dieser Schutz einen bedeutenden Faktor für das Tierwohl dar.

Zudem kann durch die Doppelnutzung der ökologische Fußabdruck der Energieproduktion deutlich reduziert werden, ohne dass zusätzliche Flächen versiegelt oder neue Flächen gerodet werden müssen.

Technische Voraussetzungen und Anpassungen

Damit Agrophotovoltaik und Tierhaltung erfolgreich kombiniert werden können, müssen bestimmte technische und planerische Voraussetzungen erfüllt sein. Die Solaranlagen müssen in ausreichender Höhe angebracht sein, um den Tieren genug Bewegungsfreiheit zu bieten. Gleichzeitig muss die Stabilität der Anlage gewährleistet sein, da insbesondere größere Tiere wie Rinder anstützen oder scheuern könnten.

Des Weiteren müssen die Materialien der Anlagen robust und tierverträglich sein. Scharfe Kanten oder giftige Substanzen dürfen keinesfalls verbaut werden. Für Schafherden beispielsweise eignen sich oft sogenannte bifaziale Module, die auf Stahlkonstruktionen montiert sind und eine höhere Lichtdurchlässigkeit bieten, was für den Graswuchs von Vorteil ist.

Herausforderungen in der Praxis

Auch wenn Agrophotovoltaik klare Vorteile bietet, ist die Umsetzung in Kombination mit Tierhaltung nicht ohne Hürden. Besonders die Genehmigungspraxis stellt aktuell noch eine große Barriere dar. In vielen Bundesländern wird APV rechtlich noch als bauliche Nutzung betrachtet, was die Genehmigung erschwert. Hier gilt es, bestehende Regelungen anzupassen, um eine rechtssichere Grundlage für Landwirte zu schaffen.

Zudem sind die Investitionskosten für APV-Anlagen höher als bei klassischen Freiflächenanlagen. Die doppelte Nutzung bringt zusätzlichen Planungsaufwand und höhere Anforderungen an die Bauweise mit sich. Förderprogramme wie etwa die Innovationsförderung durch das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft oder die Bundesnetzagentur können hier unterstützen.

Wirtschaftlichkeit: Tierhaltung und Agrophotovoltaik als Geschäftsmodell

Die Wirtschaftlichkeit von APV-Systemen hängt stark von der Kombination der Flächennutzung, der regionalen Einstrahlung sowie den Energiepreisen ab. Durch die Einspeisung von Strom ins Netz können Landwirte zusätzliche Einnahmen generieren, insbesondere bei steigenden Strompreisen. Eine neuartige Gelegenheit ergibt sich durch die Direktvermarktung von Solarstrom in Kombination mit nachhaltigen Fleisch-, Milch- oder Wollprodukten.

Im folgenden Schaubild sind beispielhafte Ertragszahlen für eine 10-Hektar-Agrophotovoltaikanlage mit Schafhaltung dargestellt:

Kriterium Wert
Erzeugte Strommenge (jährlich) 12.000.000 kWh
Schafbestand (Durchschnitt) 150 Tiere
Flächenersparnis im Vergleich zu separater Nutzung ca. 40 %
Stromeinnahmen (bei 10 Cent/kWh) 1.200.000 € jährlich
Wertschöpfung durch Tierhaltung zusätzlich ca. 50.000 – 70.000 € jährlich

Zukunftsperspektiven: Doppelnutzung als Schlüssel zur Flächeneffizienz

Die Doppelnutzung von Flächen durch Agrophotovoltaik und Tierhaltung kann einen entscheidenden Beitrag zur Energiewende leisten. Gleichzeitig unterstützt sie eine multifunktionale Landwirtschaft, die auf Vielfalt, Wirtschaftlichkeit und ökologische Nachhaltigkeit setzt. Forschungseinrichtungen wie das Fraunhofer ISE in Freiburg haben in Langzeitprojekten gezeigt, dass sich durch intelligente Planung Symbiosen schaffen lassen, von denen sowohl Landwirte als auch Umwelt profitieren.

Ein zentraler Punkt für die Zukunftsfähigkeit dieser Kombination ist die politische Unterstützung. Regulierungen müssen angepasst, Förderinstrumente zielgerichtet eingesetzt und Netzanschlüsse für Solarstrom vereinfacht werden. Gleichzeitig gilt es, die Akzeptanz in der Bevölkerung zu fördern und über die positiven Auswirkungen auf Ernährungssicherheit, Tierwohl und Klimaschutz aufzuklären.

In einem Zeitalter begrenzter Ressourcen und wachsender globaler Herausforderungen wird die Doppelnutzung von Flächen immer mehr zur Notwendigkeit. Die Kombination aus Tierhaltung und Agrophotovoltaik stellt hierbei ein zukunftsfähiges Modell dar – nicht nur für Landwirte, sondern auch für eine Gesellschaft auf dem Weg zur Klimaneutralität.