Agrophotovoltaik und Wintergemüse: Energiegewinnung und Anbau in der kalten Jahreszeit

Agrophotovoltaik und Wintergemüse: Energiegewinnung und Anbau in der kalten Jahreszeit

Agrophotovoltaik und Wintergemüse: Symbiose in der nachhaltigen Landwirtschaft

Die Kombination von erneuerbarer Energieerzeugung durch Photovoltaik und landwirtschaftlicher Nutzung unter dem Begriff Agrophotovoltaik (auch Agrar-Photovoltaik oder Agro-PV genannt) gilt als zukunftsweisendes Konzept. Besonders in den Wintermonaten eröffnet diese Technologie eine doppelte Nutzung von landwirtschaftlichen Flächen, indem sie Strom produziert und gleichzeitig den Anbau von Wintergemüse wie Grünkohl, Feldsalat oder Lauch ermöglicht.

In Zeiten steigender Energiekosten und wachsender Nachfrage nach regionalen Lebensmitteln stellt sich immer häufiger die Frage: Wie kann man vorhandene Ressourcen effizienter und nachhaltiger einsetzen? Agro-Photovoltaikanlagen bieten hier Antworten – insbesondere in Verbindung mit dem winterlichen Gemüseanbau.

Was ist Agrophotovoltaik? Energieproduktion und Flächennutzung im Doppelpack

Agrophotovoltaik beschreibt das Prinzip, Photovoltaikanlagen so über Feldern zu installieren, dass darunter weiterhin eine landwirtschaftliche Nutzung stattfinden kann. Die Solarmodule sind in der Regel aufgeständert – meist mehrere Meter hoch – und lassen ausreichend Licht und Regen durch, um Pflanzen darunter gedeihen zu lassen. Gleichzeitig wird auf derselben Fläche Strom erzeugt. Dieses Modell vereint somit zwei zentrale Bedürfnisse: Ernährung und Energie.

In Ländern wie Deutschland, wo Flächen knapp und die Energiewende dringend erforderlich ist, kann diese Doppelnutzung eine wichtige Rolle spielen. Gerade im Winter, wenn die Sonneneinstrahlung geringer ist, helfen moderne bifaziale Solarmodule, die Energieausbeute zu maximieren – indem sie auch rückseitig Licht reflektieren und in Strom umwandeln.

Wintergemüse unter Solarmodulen: Welche Sorten eignen sich?

Wintergemüse ist robust, kältetolerant und braucht nicht die volle Sonneneinstrahlung eines heißen Julitags, um zu gedeihen. Dadurch ist es ideal geeignet für den Anbau unter Agrophotovoltaik-Anlagen. Sorten wie Grünkohl, Rosenkohl, Porree, Spinat, Feldsalat oder Pastinaken sind besonders resistent gegenüber Frost und Schneedecken. Ihre Fähigkeit, auch bei geringeren Temperaturen zu wachsen, korrespondiert gut mit den leicht reduzierten Lichtverhältnissen unter den PV-Modulen.

Studien aus Deutschland und der Schweiz zeigen, dass bei richtiger Anlagengestaltung nur minimale Ertragseinbußen zu beobachten sind – oft sogar mit Vorteilen für die Pflanzengesundheit. Die Module bieten einen gewissen Schutz vor Starkregen, Hagel und Austrocknung durch Wind. Und gerade in kalten Monaten sorgt die sanfte Wärmespeicherung der Solarzellen für ein leicht verbessertes Mikroklima unter den Modulen.

Energieerträge im Winter: Wie effizient arbeiten Agrar-PV-Anlagen in der kalten Jahreszeit?

Photovoltaikanlagen liefern auch im Winter Strom – vor allem bei klarem, kühlem Wetter arbeiten sie sogar besonders effizient. Denn Solarmodule verlieren bei Überhitzung an Wirkungsgrad. Kalte Temperaturen erhöhen die Leistungsfähigkeit der Zellen, vorausgesetzt, ausreichend Licht trifft auf die Modulflächen.

Natürlich fällt die tägliche Stromproduktion im Dezember geringer aus als im Juni. Doch moderne Systeme mit Nachführung (Tracking-Systeme) und bifazialen Modulen können diesen saisonalen Nachteil verringern. Eine ökonomisch und technisch sinnvolle Kombination aus optimalem Winkel, reflektierendem Bodenbelag (z. B. Schnee oder heller Mulch) und intelligenter Steuerung macht Agrophotovoltaikanlagen auch im Winter zu verlässlichen Erzeugern grüner Energie.

Monat Durchschnittliche Sonneneinstrahlung (kWh/m²) Potentielle PV-Erzeugung (kWh/kWp)
November 40–50 25–40
Dezember 30–40 20–30
Januar 40–55 25–45
Februar 60–80 40–60

Wirtschaftlichkeit: Lohnt sich Agrophotovoltaik im Winter?

Die Investitionskosten für Agrophotovoltaik-Anlagen sind höher als bei herkömmlichen Dach- oder Freiflächenanlagen. Die aufgeständerte Konstruktion, spezielle Fundamente und aufwendigere Planungsverfahren wirken kostentreibend. Doch der doppelte Nutzen – Stromproduktion und gleichzeitiger Anbau von Lebensmitteln – kann sich langfristig auszahlen.

Landwirte profitieren doppelt: Zum einen können sie einen Teil des erzeugten Stroms für den Eigenbedarf verwenden – etwa zum Betrieb von Gewächshäusern, Bewässerungssystemen oder Hoftechnik. Zum anderen lässt sich überschüssige Energie ins Netz einspeisen oder in Form von PPA (Power Purchase Agreements) direkt an regionale Abnehmer wie Supermärkte oder Energiegenossenschaften verkaufen.

Gleichzeitig bleiben die landwirtschaftlichen Erträge erhalten. Gerade Winterkulturen lassen sich unter Agrophotovoltaik vergleichsweise gut planen, da sie weniger Wasser benötigen und in der kalten Jahreszeit keine zusätzliche Kühlung bei der Lagerung benötigen. Dies verbessert die Kühlkettenlogistik und spart Energie auf anderen Ebenen.

Technische Herausforderungen und Lösungen im Winterbetrieb

Im Winter stellen sich besondere technische Herausforderungen: Schneeansammlungen auf Modulen können kurzfristig die Energieproduktion mindern. Dabei kann eine optimierte Neigung der Module helfen, den Schnee besser abrutschen zu lassen. Außerdem gibt es beheizbare Module, die bei entsprechender Steuerung selbstständig Schnee räumen.

Der Anbau unter den Modulen erfordert zudem eine angepasste Maschinenführung. Traktoren, Pflanzmaschinen und Erntetechnik müssen auf geringere Durchfahrtshöhen oder kleinere Reihenabstände eingestellt sein. Doch moderne Maschinenparks und angepasste Agrartechnik machen diese Anpassung oft ohne größeren Mehraufwand möglich.

Zukünftig wird auch die Digitalisierung eine wichtige Rolle spielen. Sensorik kann beispielsweise in Echtzeit Daten zur Lichtintensität, Bodenfeuchtigkeit und Temperatur liefern – und daran angepasst sowohl Photovoltaik-Steuerung als auch Bewässerung und Düngegaben automatisch regulieren.

Agrophotovoltaik als regionale Energie- und Lebensmittelstrategie

Die Integration von Agrophotovoltaik mit dem Anbau von Wintergemüse ist mehr als eine technische Möglichkeit – sie kann zu einem neuen Modell für regionale Energieautarkie und nachhaltige Landwirtschaft werden. Kommunen, Landwirte und Energieversorger profitieren gleichermaßen, wenn vor Ort erzeugter Strom und Lebensmittel in lokalen Kreisläufen verbleiben.

Dabei entstehen auch neue Geschäftsmodelle: Direktvermarktung von Strom und Gemüse in einem Kombi-Vertrag, Bildung von Energie-Lebensmittel-Genossenschaften oder der Aufbau von Lehr- und Forschungsflächen zur Weiterbildung von Landwirten und Schülerinnen und Schülern. All diese Ansätze können helfen, die Akzeptanz für Photovoltaik zu erhöhen – besonders in ländlichen Regionen, wo der Flächenverbrauch oft kritisch betrachtet wird.

Agrophotovoltaik zeigt im Winter ihr besonderes Potenzial: Energieerzeugung, ökologischer Gemüseanbau und technologische Innovation verschmelzen zu einem System, das Wirtschaftlichkeit, Klimaschutz und Ernährungssicherheit gleichzeitig bedient. Wer heute in diese Technologie investiert, legt den Grundstein für eine resiliente Energie- und Landwirtschaft von morgen.